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Junge Ski-Talente sollen aus Oberstdorf zurück nach Freiburg kommen
Von Michael Dörfler, BZ-Plus

Die 13- bis 15-jährigen Skifahrerinnen und Skifahrer aus dem Südwesten, die bisher im Internat in Oberstdorf trainieren, sollen zurückkehren – nicht nur aus sportlichen Gründen.

Die Pläne sind geschmiedet, die Heimholung ist beschlossene Sache. Die jüngeren Jahrgänge der hochtalentierten alpinen Skifahrer und Skifahrerinnen aus Baden-Württemberg sollen aus dem Skiinternat im bayerischen Oberstdorf wieder zurück in die Heimat geholt werden. Nach Freiburg – um dort zu wohnen, in die Schule zu gehen und, wenn immer möglich, eine Ausbildung zu absolvieren. Dazu zurück in den Schwarzwald, um dort zu trainieren.

Das Ganze ist eine ambitionierte Aktion, weil es, man darf es wohl so sagen, noch an einigen Ecken etwas hakt. Es werden noch ordentlich viele Steine in dieser Angelegenheit bewegt werden müssen. Mehr vielleicht, als einigen der Beteiligten derzeit vorschweben mögen. Doch Gundolf Fleischer will kein Zurück mehr: "Wir wollen Aufbruchstimmung erzeugen", sagt der Präsident des Badischen Sportbundes Freiburg (BSB), der sich als Motor des Ganzen sieht.

Hat das Training im Schwarzwald Vorteile?

Aber der Reihe nach. Im November 2017 klingelt bei Fleischer das Telefon. Am Apparat: Wolfgang Maier, seines Zeichens Sportdirektor Alpin beim Deutschen Skiverband (DSV). Das Duo diskutiert ein bisschen, wobei sich Maier einerseits beeindruckt von den grandiosen Erfolgen Schwarzwälder Skispringer, Langläufer und auch Biathleten zeigt, von denen viele im Skiinternat Furtwangen ein Zuhause gefunden haben. Aber Alpine aus dem Schwarzwald? Da gilt es etwas länger nachzudenken.

An der Schwelle zu etablierten Weltcupfahrern standen bis vor kurzem die aus dem Münstertal stammende Maren Wiesler und der Waldkircher Paul Sauter. Beide erwiesen sich zwar als respektable Stangen-Artisten, der große Durchbruch blieb ihnen aber verwehrt. Jahrzehnte zuvor, als die Schwarzwälder Alpinen noch nicht in Bayern trainierten, waren Heidi Wiesler aus Staufen, die Todtnauerin Olympia-Teilnehmerin (1994) Edda Mutter und der Neustädter Egon Hirt zum Teil bis in die internationale Spitze vorgefahren.

Vielleicht, so schwant Wolfgang Maier, der einst als Chefcoach der deutschen Frauen immense Erfolge feierte, gibt es da ja einen Zusammenhang. Wie wäre es denn, wenn man die ganz jungen Alpin-Talente wieder auf Schwarzwälder Pisten trainieren ließe, und damit im Südwesten auch einen Gegenpol zu den Nordischen Disziplinen schaffen würde?

"Ich stehe beim DSV im Wort." (BSB-Präsident Gundolf Fleischer)

Genau das haben Fleischer und mit ihm die Macher am Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald jetzt vor. Die 13- bis 15-jährigen Mädchen und Jungen, die seit Ende der 1990er Jahre zusammen mit ihren bayerischen Kolleginnen und Kollegen im Skiinternat in Oberstdorf zusammengezogen werden, sollen zurück in den Schwarzwald. Wieder näher hin zu den Eltern, in eine vertrautere Umgebung. Diese Gruppe, so wird in Oberstdorf beobachtet, hat öfter mal Heimweh – die meist langen Wege zurück, machen Kurzvisiten zu Hause aber sehr oft unmöglich. Tränen, kein Appetit: Darunter leidet auch das Training auf den Skiern.

Fleischer muss nach einem sich anschließenden Treffen mit Maier nicht lange überlegen. Er signalisiert seine Bereitschaft für den Umzug zurück. Sechs Athleten, das sichert er auf entsprechende Nachfrage gleich zu, könnten im Sportinternat am Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald (OSP) ihre Zimmer beziehen. Der Haken an der Sache: Die sechs Zimmer gibt es noch gar nicht. Die heute zur Verfügung stehenden 25 Zimmer sind allesamt belegt – von Triathleten, Fußballern, Ringern, Volley- und Basketballern.

Abhilfe ist in Sicht

Geplant jedenfalls ist, das Internat für Sportler und Sportlerinnen an seinem heutigen Standort unterhalb des Freiburger Schlossbergs, zu erweitern. 20 Zimmer mehr, also dann 45, möchte der Olympia-Stützpunkt belegen – die Nachfrage ist riesengroß. Diskutiert wird eine Aufstockung des bisherigen Gebäudes, vielleicht sogar ein Neubau.

Der OSP ist in der Karthäuserstraße Untermieter des in der Trägerschaft – unter anderem des Erzbistums Freiburg – stehenden Internationalen Gästehauses für junge Menschen und Gruppen. Dass sich der Sport an den Kosten des Ausbaus beteiligen wird, ist zudem abgemachte Sache. Das Land hat sein Entgegenkommen bereits signalisiert. Doch wann es genau losgeht mit den Bauarbeiten, steht noch in den Sternen. Zunächst hat der Gestaltungsbeirat der Stadt Freiburg Einwände geltend gemacht, jetzt sind es Grenzabstände zum nebenan residierenden Südwestrundfunk, die noch geklärt werden müssen.

Internatsleiter Christoph Zangerl hofft aber ebenso wie der stellvertretende Leiter des Olympiastützpunktes Freiburg-Schwarzwald, Jürgen Willrett, dass die rechtlichen Angelegenheiten "hoffentlich bald geklärt sind". Natürlich weiß man beim OSP als auch beim BSB, dass das Bauen nicht in ein paar Tagen erledigt sein wird. "Wir schauen uns für die Übergangszeit natürlich nach Alternativen um", sagt Willrett, scheitern am Wohnraum soll die Heimholung des alpinen Nachwuchses jedenfalls nicht.

"Wir müssen jetzt die Vereine hellhörig machen." (BSB-Präsident Gundolf Fleischer)

Es gibt indes noch eine andere Komponente, die den handelnden Personen zwar nicht gänzlich fremd ist, die man aber ebenfalls im Sinne der Idee zu bewältigen glaubt. Am 1493 Meter hohen Feldberg gibt es durchaus geeignetes Gelände, um den Nachwuchs entsprechend trainieren zu können – bis hin zur FIS-Weltcupstrecke und der Piste am Ahornbühl. Doch mit den Alpen ist das Terrain nicht zu vergleichen. Die Mittelgebirgspisten sind etwas kürzer und aufgrund ihrer geografischen Höhe natürlich beileibe nicht schneesicher.

Wie Fleischer sieht darin auch Hubert Baur aus Breitnau, Vizepräsident Alpin/Snowboard im Skiverband Schwarzwald (SVS), kein Ausschlusskriterium. Ganz im Gegenteil. Es ist viel Zeit vergangen, seit der Weltcup bis zum Beginn der Jahrtausendwende ein paar Mal zu Gast in Todtnau-Fahl war. Entsprechend müssten die in Frage kommenden Pisten neu moduliert und gestaltet werden. Sportlich- und technisch sollten sie den Ansprüchen der Nachwuchs-Rennläuferinnen und -läufer schon genügen. Dazu käme wohl auch die (Neu-)Installation aufwändiger Beschneiungsanlagen und dafür notwendiger Wasserreservoirs. Auch gilt es, die heute höheren Sicherheitsstandards zu erfüllen.

Wie Baur sieht Fleischer in einer solchen Investition auch Vorteile für den Breitensport und damit für den Tourismus. Stehenbleiben sei letztlich Rückschritt, argumentieren beide. Für Fleischer ist deshalb klar: "Wir müssen jetzt die Vereine hellhörig machen." Wenn sich abzeichne, dass auch dem alpinen Skilauf im Schwarzwald wieder Bedeutung zugemessen werde, könne sich das positiv auf die Sportart auswirken. Nicht zuletzt werde das auch den Nachwuchs motivieren, glaubt Fleischer.

Bleibt ein Letztes. Zwar wird das von den Beteiligten nicht explizit angesprochen, doch erhofft sich auch der OSP Freiburg-Schwarzwald durch die Aufnahme der alpinen Nachwuchsläuferinnen und -läufer einen Bedeutungszuwachs. In Zeiten hohen Konkurrenzdrucks und Wettbewerbs mit anderen Standorten kann das nicht schaden. An eine Umkehr der Pläne will Fleischer schon deshalb keine Gedanken verschwenden. Denn: "Ich stehe schließlich beim DSV im Wort."

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